So wählen Sie die richtige Datenleitung für Ihre Industrieanwendung

Datenleitung ist nicht gleich Datenleitung – das bemerken Nutzer in industriellen Anwendungen allerdings häufig erst dann, wenn Störungen oder Ausfälle bei der Übertragung auftreten. Hier erfahren Sie, welches die häufigsten Fehlerquellen bei der Auswahl von Industrial-Ethernet- und BUS-Leitungen sind und wie Sie diese vermeiden können.

Technician working in industry

Als Datenleitungen werden umgangssprachlich alle Kabel und Leitungen bezeichnet, die in irgendeiner Art der Kommunikation dienen. Hier gibt es allerdings große Unterschiede – etwa zwischen Kupfer- und Lichtwellenleitungen, die in Aufbau und Funktion komplett verschieden sind. Aber selbst bei Kupfer-Datenleitungen gibt es eine große Auswahl, von niederfrequenten Leitungen über Koaxial-, Telefon- und BUS-Leitungen bis hin zu diversen Ethernet-Systemen oder Mikrowellenkabeln für Sonderanwendungen im Gigahertz-Bereich. Die Auswahl eines falschen Kabels kann in der Praxis schnell zu Störungen und Fehlfunktionen führen, die mitunter hohe Kosten nach sich ziehen können.

Grundsätzlich gilt, dass Datenleitungen eine geringe Kapazität aufweisen sollten – das bedeutet, dass bei der Übertragung möglichst wenig elektrische Energie in der Leitung gespeichert wird, da dies die Signalqualität negativ beeinflusst. Die Kapazität hängt unter anderem vom Isolationsmaterial der Leitung ab: Moderne BUS- und Ethernet-Leitungen nutzen dafür meist Werkstoffe wie PE oder PP, da diese besonders gute Werte aufweisen. Die relevante Messgröße hierfür ist die Dielektrizitätskonstante (εr). Je niedriger diese ist, desto besser isoliert der Werkstoff und die Leitung wird kapazitätsärmer. Somit kann bei gleicher Spannungsfestigkeit dünner isoliert werden.

Isolationsmaterialien für Leitungen im Vergleich


WerkstoffVDE-BezeichnungDielektrizitätskonstantehalogenfrei
PVCY3,6-6nein
PVC +90°CYw4-6,5nein
PE2Y2,3ja
PE geschäumt02Y1,6-1,8ja
PP9Y2,3-2,4ja
PP geschäumt 1,6-1,8ja
PUR11Y4-7ja*
FEP6Y2,1nein
*abhängig vom verwendeten Flammschutzmittel

Die Grundlage für eine saubere Datenübertragung bildet allerdings der richtige Leiteraufbau. Die beste elektrische Performance bietet ein Massivdraht, der exakt rund und gleichmäßig im Durchmesser geformt ist. Für Industrial-Ethernet- und BUS-Leitungen ist in der Regel ein AWG-Leiteraufbau zu bevorzugen, da dieser auch im flexiblen Aufbau eine kreisrunde Form ergibt. Metrische Leiter eignen sich für diese Anwendungen nicht, da sie als Würgelitze ausgeführt sind und keinen runden Leiteraufbau haben. Dadurch entstehen schwankende Kapazitäten, die eine hochfrequente Datenübertragung erheblich stören.

Häufige Fehlerquellen bei der Auswahl von Industrial-Ethernet- und BUS-Leitungen

1. Niederfrequente Leitungen für hochfrequente Anwendungen

Eine häufige Ursache für Fehlfunktionen in der Datenübertragung ist die Auswahl von niederfrequenten Leitungen für hochfrequente Ethernet-Verbindungen. Solche Leitungen sind zwar ebenfalls kapazitätsarm, weisen aber einen anderen Wellenwiderstand auf als den, der von der Ethernet-Norm benötigt wird. Damit ist eine Fehlanpassung, eine sogenannte Stoßstelle, vorhanden. Zudem sind bei niederfrequenten Datenleitungen alle Paare im Gleichschlag verseilt. Dies bedeutet, dass alle vier Schlaglängen gleich sind. Für eine Ethernet-Leitung, die in höheren Frequenzbereichen arbeitet, ist jedoch eine optimale Entkoppelung nötig. Diese wird mittels vier unterschiedlichen Schlaglängen aufgebaut, die individuell berechnet werden. Auch die Position der Aderpaare im Gesamtkonstrukt muss dabei beachtet werden.

Poor and Good Decoupling
Schlechte Entkopplung (links) und gute Entkopplung (rechts)

2. Klassische Paarverseilung statt Sternvierer

Viele industrielle Kommunikationsstandards wie PROFInet, EtherCAT oder SERCOS III nutzen zur Datenübertragung zweipaarige Leitungen, die als sogenannter Sternvierer verseilt sind. Dabei werden alle vier Adern zu einem exakt runden Gebilde verseilt. Der Vorteil ist, dass dabei keine Laufzeitdifferenzen auftreten – anders als bei der klassischen Paarverseilung, bei der die einzelnen Aderpaare wegen der nötigen Entkopplung zwei unterschiedliche Verseilschlaglängen benötigen. Nutzen Anwender fälschlicherweise paarverseilte Leitungen, könnten dadurch Probleme bei der Übertragung bezüglich der Laufzeit auftreten.

2 Pairs

2 Paare

  • 4 x Aderdurchmesser
  • 3 x Verseilung
  • Paare gem. Zeichnung
  • eindeutig
  • unterschiedliche Signallaufzeiten
Star Quad

Sternvierer

  • 2,4 x Aderdurchmesser
  • 1 x Verseilung
  • diagonale Adern bilden das elektrische Paar: weiß/blau und orange/gelb
  • Signallaufzeit der Paare gleich

Bei einem Sternvierer bilden immer die sich diagonal gegenüberliegenden Adern das elektrische Paar. Wird diese Regel beim Anschluss nicht beachtet, verändert dies den Wellenwiderstand und die Nahnebensprechdämpfung (NEXT) der Leitung, was die Übertragungsqualität ebenfalls beeinträchtigen kann. Auch geschirmte vieradrige Sensorleitungen sind für die Nutzung als hochfrequente Industrial-Ethernet- oder BUS-Leitung ungeeignet, auch wenn ihr Aufbau auf den ersten Blick vergleichbar erscheint. Allerdings ist bei diesen weder die Aderisolationsstärke auf Ethernet ausgelegt, noch ist die Verseilung exakt rund aufgebaut. Die Folgen sind unter anderem ein ungeeigneter Wellenwiderstand und NEXT sowie Leitungsdämpfung und damit keine ausreichende Funktionalität.

3. Zu lange Leitung oder zu kleiner Querschnitt

Ebenfalls ein klassisches Beispiel ist die zu große Längengestaltung von Segmenten. Der Ethernet-Standard sieht vor, dass nach maximal 100 Metern Länge ein Leistungsverstärker (Repeater) eingesetzt werden muss. Dieser nimmt das schwache Signal auf und gibt es wieder in voller Stärke weiter. In der Praxis werden manchmal auch Segmente mit mehr als 100 Metern Länge realisiert – dies entspricht allerdings nicht mehr der gültigen Normierung. Steigende Temperaturen, Alterung und andere Einflüsse können in solchen Fällen schnell zu Fehlern oder Ausfällen führen. Bei dünneren Leitungen mit Querschnitt AWG 26 liegt die Grenze bereits bei 60 bis 70 Metern. Zu beachten ist auch, dass jede Steckverbindung für einen Verlust (Dämpfung) und eine Stoßstelle (Reflektion) sorgt und die Reichweite einschränkt.

4. Falscher Stecker

Immer wieder werden in der Praxis nicht normkonforme und ungeprüfte Stecker für Ethernet verwendet, etwa Sub-D oder M12 a-codiert in 8-poliger Ausführung. Zwar findet auch bei diesen Steckern eine Übertragung statt, allerdings ist die Qualität aufgrund der geringeren Nahnebensprechdämpfung (NEXT) deutlich schlechter. Grund ist die Anordnung des Mittelpins, wodurch diese Steckervarianten für die normkonforme Datenübertragung ungeeignet sind.

Übersicht über verschiedene Steckgesichter

Zulässige und in Ethernet-Standards genannte Steckgesichter für die reine Datenverkabelung sind geschirmte Stecker/Buchsen:

  • RJ45 4-polig (100 Mbit 4-polig)
  • RJ45 8-polig (Gbit 8-polig)
  • M8 & M12 d-codiert (100 Mbit)
  • M8 a-codiert 4 PIN (100 Mbit)
  • M12 p-codiert (100 Mbit)
  • M12 x-codiert (Gbit)
  • Ix Industrial (Gbit)
  • Mini-IO
  • SPE (Single Pair Ethernet)

Darüber hinaus gibt es in den verschiedenen Standards wie PROFInet, EtherCAT oder SPE (Single-Pair-Ethernet) diverse Hybridstecker, die Daten- und Energieübertragung in sich vereinen. Diese sind entweder IEC-genormt, wurden von der jeweiligen Organisation evaluiert oder befinden sich in Normung.

Genormte Hybrid-Ethernetstecker:

  • M8 SPE nach IEC 63171-6
  • M12 SPE nach IEC 63171-7
  • M12 y-codiert nach IEC 61076-2-113
  • M23 nach IEC 61076-2-117
  • RJ45 Hybrid nach IEC 61076-3-106
  • Ix Industrial nach IEC 61076-3-124

Einige Steckerhersteller haben eigene Hybridlösungen im Portfolio, die nicht genormt, aber dafür bezüglich der Ethernet-Konformität geprüft und evaluiert worden sind. Grundsätzlich ist jedoch zu raten, sich immer an genormte und evaluierte Steckverbinder für Ethernet zu halten.

Fazit:

Bei der Auswahl von Datenleitungen für Industrieanwendungen sollten Anwender sich immer innerhalb der gültigen Normen bewegen, um Störungen und Fehlfunktionen vorzubeugen. Unter anderem gilt es hierbei die Länge der einzelnen Segmente, die Anzahl der Stecker sowie die unterschiedlichen Querschnitte von Verlege- und Patchkabeln zu beachten. Darüber hinaus kann die Alterung einzelner Komponenten auf lange Sicht für eine Minderung der Übertragungsqualität und für Ausfälle sorgen. Als Experte für elektrische Verbindungstechnik mit mehr als 45 Jahren Erfahrung unterstützt HELUKABEL Nutzer gerne dabei, die perfekte Industrial-Ethernet- oder BUS-Leitung für ihre Anwendung zu finden.

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