Warum muss bei manchen Kabeln für eine elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) gesorgt werden?

Das Phänomen elektromagnetischer Störungen kennt jeder: Plötzlich bricht die WLAN-Verbindung ab, das Radio knistert oder im Telefonhörer rauscht es. Die Quellen der unerwünschten Signale können ganz unterschiedlich sein: Mobiltelefone, Notebooks, Sendeanlagen, Schaltvorgänge in der Energieübertragung, aber auch Motoren oder Stromquellen. Die Ursache dafür sind sogenannte Interferenzen. Sie entstehen, wenn zwei oder mehrere elektromagnetische Funkwellen aufeinandertreffen. Interferenzen können destruktiv oder konstruktiv sein. Den Ärger verursacht in diesem Fall die harmlos klingende Variante: Denn während sich bei der destruktiven die Wellen gegenseitig aufheben, überlagern und verstärken sie sich bei der konstruktiven Interferenz. Es entsteht ein Störgeräusch, schlimmstenfalls wird sogar die Funktion von Geräten oder ganzer Systeme beeinträchtigt. Um das zu vermeiden, müssen die Produkte in einen Zustand elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV) versetzt werden. Bei Kabeln und Leitungen wird die elektromagnetische Verträglichkeit durch eine Schirmung erreicht.

Ömer Durak am Tisch
Zur Person: Ömer Durak ist Leiter der Kabelkonstruktion & Entwicklung im HELUKABEL-Werk in Windsbach. (© Tobias Bugala)

Dabei umschließt der Schirm das elektrische Feld und verhindert sowohl das Eindringen als auch das Ausstrahlen elektromagnetischer Wellen. Die EMV-relevanten Anforderungen für geschirmte Leitungen sind durch internationale und nationale Normen geregelt. Die Transferimpedanz (auch Kopplungswiderstand genannt) ist das Maß für die Qualität der Abschirmung und wird als das Verhältnis der Spannung auf der Abschirmung des gestörten Systems zu dem Strom des störenden Systems definiert. Die Industrie beispielsweise fordert einen Schirmkopplungswiderstand von kleiner als 150 MOhm/m bei 30MHz. Die Messungen erfolgen nach DIN EN 50289-1-6 und IEC 62153-4-3. Die Materialien zur Schirmung richten sich immer nach dem Einsatzgebiet: In der Antennentechnik etwa werden gewellte Kupferblechschirme zur Abschirmung von Koaxialkabeln verwendet. Industrielle Anwendungen hingegen fordern geschirmte Leitungen, die besonders starke Beanspruchung und Flexibilität zulassen. Für den Einsatz in einer Plasmaanlage hat HELUKABEL zum Beispiel ein geschirmtes Kabel speziell nach Kundenanforderungen konstruiert, das auch bei einer getakteten Versorgung mit einer hohen Frequenz von 50 kHz eine effektive Abschirmwirkung gewährleistet. Hierbei wurde ein „realer Schirm“ eingesetzt, der aus unterschiedlichen Schirmfolien, Vliesen und Geflechten besteht. Ein hoher Bedeckungsgrad im Geflecht ist zwar wichtig, jedoch gilt der Grundsatz „viel hilft viel“ in diesem Fall nicht: Mehr Kupfer kann zum Beispiel schlechtere Werte beim Kopplungswiderstand und somit bei der Schirmwirkung zur Folge haben. Da der Bedarf an hybriden Aufbauten – z.B. mit Power- und Datenleitungen in einem Kabel – immer weiter steigt, muss die Abschirmung besonders effektiv sein. Die Kunst des Kabelkonstrukteurs besteht deshalb darin, innovative Schirmungslösungen unter Beachtung von Einsatzparametern, Kosten und individuellen Kundenwünschen zu entwickeln und damit eine hohe Funktions- und Störsicherheit zu gewährleisten.

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